Friedensvision

„Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.“ Das soll Helmut Schmidt einmal gesagt haben. Ob der Prophet Jesaja einen Arzt brauchte, steht nicht in der Bibel, aber er hatte eine Vision: „Er sorgt für Recht unter den Völkern. Er schlichtet Streit zwischen mächtigen Staaten. Dann werden sie Pflugscharen schmieden aus den Klingen ihrer Schwerter. Und sie werden Winzermesser herstellen aus den Eisenspitzen ihrer Lanzen. Dann wird es kein einziges Volk mehr geben, das sein Schwert gegen ein anderes richtet. Niemand wird mehr für den Krieg ausgebildet.“ (Jesaja 2,4)

Auf meiner 10te-Klasse-Abschlussfahrt Ende 1985 entdeckte ich im Moskauer Kaufhaus GUM eine Skulptur im Verkaufsregal: Ein Mann schmiedet ein Schwert zu einer Pflugschar um. Es war eine Kopie der Skulptur, die 1959 die Sowjetunion der UNO schenkte. Wenige Wochen vor meiner Moskau-Reise wurde ich von meinem Schuldirektor aufgefordert, einen Aufnäher an meinem Parka mit dem Bild dieser Skulptur zu entfernen. Ich schnippelte das Bild heraus, ließ aber den roten Rand des Aufnähers stehen, als Zeichen des Protests. Und dann sah ich wenige Wochen später im GUM diese Skulptur, beim großen Bruder, von dem es hieß: „Von der Sowjetunion lernen heißt siegen lernen.“ Das hatte ich nicht erwartet. Glasnost war gerade am Anfang, Gorbatschow erst wenige Monate an der Macht. So vieles damals sprach gegen diese Vision; die atomare Aufrüstung, der Kalte Krieg, die Militarisierung. Auch heute scheint vieles gegen diese Vision zu sprechen, ich denke an die Ukraine, Gaza, den Sudan. Die Aufrüstung, die Kriegsangst. Ansagen wie: „Wir müssen kriegstüchtig werden.“ Da klingt Jesajas Vision wie weltfremdes Wunschdenken eines religiösen Spinners.

Ein Schwert aus einer Pflugschar zu schmieden ist harte Arbeit. Viele schwere Schläge bei großer Hitze braucht es. Und eine Vorstellung davon, was werden soll. Eben eine Vision. Die Skulptur aus dem GUM habe ich damals gekauft, sie mitgenommen in die DDR und meiner damaligen Gubener Kirchengemeinde geschenkt. Dort steht sie noch heute als ein Zeichen eines uralten Menschheitstraums: Frieden. Und um es abgewandelt mit Helmut Schmidt zu sagen: „Wer Visionen hat, hat ein Ziel.“

Tino Kotte, Lektor der Kirchengemeinde Finow

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