Morgen, am Sonntag, feiern wir in Zepernick von 10:30 bis 16 Uhr ein „Glockenfest“ auf dem Luthersaal-Gelände in der Schillerstraße, denn die Glocken auf diesem Kirchengelände werden 65 Jahre alt. Sie wurden nach einer Spendenaktion aus dem Jahre 1955 herangeschafft, und aus Steinen von der im Krieg zerstörten Kirche in Malchow wurde in mühevoller Arbeit ein Glockenstuhl errichtet. Die Steine waren per Hand in Malchow aufgeladen und nach Zepernick-Röntgental zum Luthersaalgelände gefahren worden, dort wurden diese Steine zerkleinert und in gemeinschaftlicher Arbeit zum Glockenstuhl umgewandelt. Diese Arbeiten wurden mit der Kamera festgehalten, und wir werden morgen auch den mit Musik unterlegten Film von 1960 zeigen beim Gemeindefest.
Viele sagen ja: Glocken braucht man heutzutage nicht mehr, denn alle Menschen verfügen über genau gehende Uhren. Und wenn am Sonntagmorgen die Kirchenglocken läuten und zum Gottesdienst rufen, dann empfinden das viele als Einschränkung ihrer Freiheit, dass sie als Atheisten von Glocken geweckt werden – mag dieses Sonntagsläuten auch vom Grundgesetz Artikel 140 als Ausdruck „positiver Religionsfreiheit“ erlaubt sein. Natürlich brauchen wir kein Läuten, um daran erinnert zu werden, dass es 12 Uhr mittags und 18 Uhr abends ist, aber als Kinder haben wir oft nicht auf die Uhr gesehen beim Spielen – das Läuten der Kirchenglocken war aber deutlich zu hören und erinnerte uns daran: Zeit, nach Hause zum Abendbrot zu gehen.
Ich finde das Sonntagsläuten mal ganz unabhängig vom Gottesdienst gut, weil es uns daran erinnert, dass es nicht nur Werktage gibt, sondern eben auch einen sogar durch das Grundgesetz geschützten Tag zur „seelischen Erhebung“ – den Sonntag. Wir können, wo wir Kirchenglocken läuten hören, innehalten, ruhig durchatmen und einfach dankbar sein für regelmäßige Auszeiten im Leben.
Wolf Fröhling, Pfarrer in der Evangelischen Kirchengemeinde Zepernick-Schönow