Am Osterfest besuchte mich auch meine zweijährige Enkeltochter. Sie wurde mir Lehrerin für das, was Ostern auch meint: Gemeinsam mit ihrer älteren Schwester lag sie in der Hängematte, als deren etwas zu langer Fingernagel sie unversehens und ungewollt an der Schläfe traf. Sie schrie den Schmerz in den Garten hinaus.
Erst nach einer Weile ließ sie sich mit Mühe trösten. Dabei aber nahm ich sie in die Arme und sie wurde ruhiger. Sie suchte die Nähe, fand sie und schlief fast ein. Eine Weile brauchte sie so die Ruhe. Dann öffnete sie wieder die Augen, stand auf und ging mit dem gleichen Mut und der gleichen Lebendigkeit wieder in das Spiel des Lebens, wie sie es vorher getan hatte.
Auch wir Erwachsenen erhalten unvermittelt Schläge, die uns große Schmerzen bereiten: Wir geraten in ausweglos erscheinende Situationen, sehen an Verwandten oder Freunden, wie sie von lebensbedrohlichen Krankheiten angefallen werden, oder erleben das sogar an uns selbst. Vorbei ist es mit dem Stolz. Der Schmerz hält uns fest. Was kann uns trösten? In seinem großen Lied von der göttlichen und der menschlichen Liebe singt der Apostel Paulus: Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen (1. Brief des Paulus an die Korinther 13,13).
Können wir unseren Schmerz dann auch einfangen lassen? Können wir uns in dem Trost bergen, den Glaube, Hoffnung und Liebe bringen? Sind wir bereit, dann die Nähe zu Gott zu suchen? Wenn wir es versuchen, dann haben vor uns bereits viele erfahren, dass Gott sich finden lässt. Und dass diese Nähe zu ihm uns wieder fit macht für die Anforderungen des Lebens, mehr als alles andere. Dieses Aufstehen ist Teil der Osterfreude und nicht beschränkt auf die wenigen Tage des Festes im Frühjahr.
Hanns-Peter Giering, Pfarrer im Ruhestand in Eberswalde